Rechtsinformationen für Pathologen

Ausgabe 21/2019 – Thema: ÜBAG Light – Bessere Aufstellung durch Kooperation mit Augenmaß

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

herzlich willkommen zur einundzwanzigsten Ausgabe meines Mandantenbriefs. Heute erhalten Sie die Folien meines auf dem diesjährigen Bundeskongreß Pathologie gehaltenen Vortrags zur überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft light. Die Entwicklung dieser Kooperationsform erfolgte als Reaktion auf die zunehmende Vergrößerung von pathologischen Instituten, auf den Pathologenmangel und den trotzdem weiterbestehenden Konkurrenzdruck. Die Konstruktion soll kleinen und mittleren niedergelassenen Instituten ermöglichen, Fusionen einzugehen, ohne die eigene Autonomie und Identität ganz aufzugeben.

 

ÜBAG light für Pathologen, Kurzdarstellung:

 

Motivation:

Die Bildung von größeren Einheiten in der Pathologie ist aufgrund des zunehmenden Drucks durch Industrie, Krankenhäusern und Universitäten auf die Niederlassung sinnvoll. Insbesondere kleinere Institute sind dieser Konkurrenz meist schutzlos ausgeliefert. Die Bildung von Kooperationen, insbesondere überörtlichen Gemeinschaftspraxen, erlaubt gegenseitige Urlaubsvertretung, Personalausleihe, Risikostreuung und erleichterte Nachfolgeplanung und Nachbesetzung von Kassenarztsitzen. Viele Ärzte scheuen aber vor der Bildung von herkömmlichen Gemeinschaftspraxen zurück, weil sie um ihre liebgewonnene Autonomie fürchten. Die ÜBAG light versucht, dies zu berücksichtigen, indem sie den einzelnen Standorten weitgehende Freiheit läßt. 

 

Konzept: 

Gegründet wird eine überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft (Gemeinschaftspraxis). Hierbei wird auf eine weitgehende Autonomie der einzelnen Standorte Wert gelegt. Diese wird durch eine besondere Gestaltung des Gesellschaftsvertrags erreicht. Die Standorte werden als einzelne Profit Center ausgestaltet mit nicht vollständig, aber weitgehend eigener Personalhoheit und Gewinn- und Verlustrechnung.

 

Ausgestaltung: 

So werden z.B. Abstimmungsmehrheiten zwischen den Gesellschaftern möglichst so festgelegt, daß im Tagesgeschäft jeder Vollmacht hat, seine Geschäfte wie bisher fortzuführen, ohne den anderen zu fragen. Das betrifft z.B. die Einstellung und Entlassung von nichtärztlichem Personal am jeweiligen Standort. Maschinen wandern ins Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter, so daß es über Modernisierungsmaßnahmen keinen Streit geben kann. Wer etwas haben will, bezahlt es. Umgekehrt müssen die Standorte davor geschützt werden, vom jeweils anderen Standort überstimmt zu werden. In einem „Kernbereich der Gesellschafterrechte“ muß jeder Standort ein Vetorecht haben. Das betrifft z.B. Einstellung und Entlassung von Ärzten, Aufnahme neuer Gesellschafter, Änderungen der Gewinnverteilung und des Gesellschaftsvertrages. 

 

Die Gewinne werden zu 90 % an den Standorten verteilt und im übrigen gepoolt. Mit dem Poolgewinn wird investiert, Rücklagen gebildet oder er wird ebenfalls an die Gesellschafter ausgekehrt. Das wird dann jedes Jahr entsprechend entschieden.

 

Mögliche Probleme: 

Diese treten oft in folgenden Bereichen auf: Inkompatible Steuerberater, inkompatible Praxis-EDV, uneinheitliche Akkreditierung/Zertifizierung. Diese Probleme konnten in allen gestalteten Fällen gelöst werden.

 

 

Besonderheiten: 

ÜBAG light ist möglich KV-übergreifend und Fachübergreifend. Bei KV-Übergreifender Tätigkeit besteht der Vorteil der Auswahl des genehmigenden Zulassungsausschusses und der Nachteil der etwas schwierigeren Nachbesetzung. In Betracht kommen als Partner für Pathologen Humangenetiker, zytologisch tätige Gynäkologen und histologisch tätige Dermatologen. Bei den beiden letztgenannten muß zwingend klinische Tätigkeit erfolgen, damit die Kassenarztsitze sicher bleiben. Da die Bedarfsplanung in den klinischen Fächern anders ist als in der Pathologie, ist zu berücksichtigen, daß z.B. Sitzverlegungen häufig nur schwer gelingen.

 

Verfahren, Zeit und Kosten: 

Das Modell ist in der Regel nicht teurer als die Gründung oder der Verkauf einer Gemeinschaftspraxis. Zunächst erfolgt eine Datensammlung und Bewertung beider Praxen, um die Praxisanteile an der ÜBAG zu ermitteln, dann der Entwurf eines ÜBAG-Vertrages, eine ausführliche Diskussion mit den Beteiligten, die Gegenprüfung des Steuerberaters, die Einreichung beim Zulassungsausschuss und schließlich der Start nach Genehmigung. Die Gesamtdauer eines Projekts mit Reservetermin bei Vertagung durch den Zulassungsausschuß beträgt 2-3 Quartale. Aus steuerlichen Gründen ist ein gemeinsamer Start an einem 1. Januar wünschenswert.

 

Bisher wurde das Projekt dreimal durchgeführt aus sehr unterschiedlichen Motivationen und in sehr verschiedenen Ausgestaltungen. Die zuständigen Zulassungsausschüsse und kassenärztlichen Vereinigungen (Nordrhein, Rheinland-Pfalz und Saarland) hatten keine Bedenken. Derzeit laufen in meiner Kanzlei drei weitere Projekte dieser Art.

 

Sie dürfen meine Ausführungen wie immer gern weitergeben. Wer die Zusendung der Rechtsinformationen nicht mehr wünscht, schreibt mir bitte eine kurze E-Mail mit dem Vermerk „abbestellen“. 

 

Mit freundlichen Grüßen

gez. Renzelmann, RA

 

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