Sehr geehrte Damen und Herren,
mit meinem dritten Rundschreiben möchte ich aufzeigen, wie die neueste Entwicklung hinsichtlich der Bedarfsplanung, insbesondere des durchgeführten Moratoriums, aussieht. Das Bundessozialgericht hat Anfang Mai die Klage gegen das durchgeführte Moratorium und die Einführung der Bedarfsplanung u.a. in der Pathologie verhandelt. Die Klage gegen die Einführung der Bedarfsplanung ist gescheitert. Damit müssen wir uns für sehr lange Zeit auf die Beibehaltung der Bedarfsplanung einstellen.
Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts lässt sich aber an anderer Stelle Honig saugen: In der Pressemitteilung des BSG heißt es:
„Von dem durch den Gesetzgeber vorgezeichneten Stichtagsverfahren ist der G-BA allerdings abgewichen, indem er den tatsächlich zum Stichtag bestehenden Versorgungsgrad nicht als bedarfsgerechten Versorgungsgrad (100 %), sondern, ohne dass dieser Prozentsatz mit entsprechenden Daten hinterlegt wäre, auf 110 % und damit an der Grenze zur Überversorgung definiert hat. Damit hat der G-BA seinen Gestaltungsspielraum überschritten. Auf die Entscheidung im vorliegenden Verfahren wirkt sich dies angesichts eines Versorgungsgrades von etwa 160 % ebenso wenig aus, wie die Frage der Anwendung eines Demografiefaktors.“
Was bedeutet das für die Pathologie?
1.
Das Bundessozialgericht hat hiermit den Weg offengehalten, gegen die willkürliche Annahme eines Versorgungsgrades von 110 % (Überversorgung) vorzugehen. Das betrifft insbesondere die KV-Bezirke, in denen der Versorgungsgrad zwischen 100 % und 110 % oder knapp über 110 % liegt. Die zuletzt mitgeteilten Versorgungsgrade lauten wie folgt:
Baden-Württemberg 111,6 %
Bayern 123,0 %
Berlin 204,9 %
Brandenburg 123,9 %
Bremen 109,8 %
Hamburg 299,1 %
Hessen 115,0 %
Mecklenburg-V. nicht bekannt
Niedersachsen 135,5 %
Nordrhein und WL 122,2 %
Rheinland-Pfalz 110,0 %
Saarland 125,3 %
Sachsen 110,0 %
Sachsen-Anhalt nicht bekannt
Schleswig-Holstein 151,4 %
Thüringen 136,0 %
2.
Die Neuberechnung der Versorgungsgrade wird außerdem erforderlich, weil mit der letzten Gesetzesänderung bestimmt wurde, dass Sitze von Ermächtigten in die Bedarfsplanung einzubeziehen sind. Das war bisher nicht der Fall. Das bedeutet wiederum, dass die Versorgungsgrade allgemein ansteigen werden, allerdings nicht erheblich, weil es nur noch relativ wenige ermächtigte Pathologen gibt.
3.
Gleichzeitig besteht aber seit neuestem die Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigungen, zu überprüfen, ob sämtliche Arztsitze ordnungsgemäß bewirtschaftet werden und diejenigen Sitze einzuziehen, bei denen das nicht der Fall ist. Hierauf bezogen sich meine Rundschreiben Nr. 1 und 2/2016. Diese Überprüfung wird turnusgemäß im August 2016 oder kurz danach stattfinden. Ich erwarte, dass etliche nicht bewirtschafteten Sitze eingezogen werden. Dies betrifft insbesondere solche Sitze, die von medizinischen Versorgungszentren, die von Krankenhäusern und Universitätskliniken betrieben werden, bei Bekanntwerden des Moratoriums auf Vorrat gebunkert wurden und dem Vernehmen nach bis heute nicht bewirtschaftet werden. Solche Sitze sind für die KV gut einziehbar, weil mangels entsprechendem Unternehmenswert eine entschädigungslose Einziehung zumindest denkbar ist.
Auch durch diesen Vorgang wird sich der Versorgungsgrad ändern, diesmal nach unten.
4.
Das bedeutet: In einem Jahr können in den einzelnen KV-Bezirken völlig andere Versorgungsgrade vorliegen als jetzt. Insgesamt ist eher von einer Senkung des Versorgungsgrades als von einer Erhöhung auszugehen. Dies bedeutet für die KV-Bezirke, in denen der Versorgungsgrad um 110 % liegt, dass dort unter Umständen neue Kassenarztsitze generiert werden können.
Meine Empfehlung lautet, im 3. oder 4. Quartal 2016 einmal probehalber einen Antrag auf Erteilung neuer Kassenarztsitze zu stellen, soweit solche in der jeweiligen Praxis benötigt werden. Mit dem Antrag sollte direkt argumentiert werden, dass der Versorgungsgrad neu festgelegt werden muss unter Berufung auf die entsprechende Rechtsprechung. Da das Antragsverfahren relativ preiswert ist, kann man dies einfach einmal ausprobieren.
Die vierte Ausgabe meines Rundschreibens erscheint aus Dringlichkeitsgründen bereits in den nächsten Tagen. Das BSG hat in einer Nebenbemerkung in einem Urteil die Ansicht geäußert, daß eine kurzfristige Auswechslung des angestellten bisherigen Seniorpartners gegen einen neuen Angestellten nicht mehr möglich sein soll und hierfür eine Sperrfrist von drei Jahren gelten soll. Das wirft die Zukunftsplanung vieler Pathologien über den Haufen.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Renzelmann
Rechtsanwalt