Sehr geehrte Damen und Herren,
erst kürzlich, am 12.06.2018, erließ der Bundesfinanzhof einen unangenehmen Beschluß, der bei zytologisch tätigen Praxen die Gewerbesteuerpflicht auslösen kann. Das Aktenzeichen lautet VIII B 154/17.
1) Sachverhalt
Ereignet hatte sich folgendes: Ein Zytologe (vom Gericht unzutreffend durchgehend als Laborarzt bezeichnet) hatte in seiner Praxis nur solche Ausstrichpräparate selbst begutachtet und befundet, bei denen die Mitarbeiter (gemeint sind wohl die zytologisch-technischen Assistenten) nach dem Vorscreening von einem Krebsverdacht ausgingen. Die übrigen Befunde wurden ohne Begutachtung und Plausibilitätsprüfung von den Mitarbeitern direkt an das Sekretariat gegeben, um die Ergebnisse an die Auftraggeber zu versenden. Auf Grundlage dieser Feststellungen verneinte das Finanzamt die eigenverantwortliche Tätigkeit des Praxisinhabers und stufte aufgrund der Gewerbesteuerinfektion sämtliche Tätigkeiten des Arztes als gewerbliche Tätigkeit ein. Das Finanzgericht und jetzt auch der Bundesfinanzhof (im Steuerrecht gibt es nur diese beiden Instanzen) bestätigten dies.
2) Folgen
Für Praxen, die Leistungen der zytologischen Gynäkologie mit der Hilfe von CTA erbringen, ist der Beschluß von großer Bedeutung, weil bei einer bestimmten Praxisorganisation die Gewerbesteuerpflicht ausgelöst wird, die bei Überschreiten einer festgelegten Umsatzschwelle (3 % der zytologischen Nettoumsätze und weniger als 24.000,- € pro Jahr) nicht nur die zytologischen, sondern alle Umsätze aller Ärzte einer Praxis der Gewerbesteuer unterwirft. Eine Aufteilung in einen gewerblichen und einen nichtgewerblichen Teil der Praxis ist nach Ansicht des BFH nicht möglich.
Eine Anwendung des Urteils auf immunhistochemische und molekularpathologische Leistungserbringung ist nach meiner Meinung nicht zu befürchten, weil hier bei jedem Behandlungsfall eine persönliche Leistungserbringung des Arztes vorliegt.
Praxen, die Leistungen mit Hilfe von Zytologisch-technischen Angestellten erbringen, sollten folgende Ratschläge erwägen:
3) Notwendige Praxisorganisation nach BFH
Nach den Ausführungen des BFH müssen bei einer eigenverantwortlichen Tätigkeit folgende Voraussetzungen vorliegen:
Diese Anforderungen des BFH können, wenn man sie buchstabengetreu umsetzt, sämtliche Vorteile, die in der Zervixzytologie über die Delegationsmöglichkeit auf CTA mühsam erkämpft wurden, beseitigen. Es ist aber darüber nachzudenken, ob man eine Zytopraxis so organisieren kann, daß (z.B. über Arztkürzel auf Einsendeschein und Laufzettel) eine entsprechende Aktenlage und die geforderte „geistige“ Beschäftigung mit jedem Fall geschaffen wird.
4) Folgen
Sollte sich herausstellen, daß eine Praxis in diese Gewerbesteuerfalle läuft, bedeutet das nicht zwingend die Verarmung der Praxisinhaber. Denn die Höhe der Gewerbesteuer hängt zum einen von dem örtlichen Gewerbesteuerhebesatz ab, zum anderen ist die erhobene Gewerbesteuer auf die gezahlte Einkommenssteuer anzurechnen. Bei einer mittelgroßen Praxis (3-4 Berufsträger) im städtischen Bereich führte in einigen mir bekannten Fällen die Gewerbesteuerpflicht zu Mindereinnahmen von insgesamt ca. 15.000,- € pro Jahr. Man muß aber dann überlegen, ob die Erbringung gynäkologisch-zytologischer Leistungen mit Hilfe von Zytoassistentinnen, die ja auch bezahlt werden müssen, noch kostendeckend ist, zumal in diesem Bereich die Gewinnspannen pro Untersuchung eher schmal sind.
Ich würde mich freuen, viele von Ihnen auf dem Bundeskongreß Pathologie in Berlin zu treffen. Ich spreche Sonntagmorgen über Datenschutz, bin aber bereits ab Freitagabend da. Ich bin wie immer für jeden Plausch zu haben. Sprechen Sie mich auch gern an, wenn Sie potentielle Praxisnachfolger suchen oder sind. Die Konkurrenz schläft nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Renzelmann, Rechtsanwalt